Elisabeth Dauthendey - Erotische Novellen
Bald darauf ging Anja mit ihren Eltern auf Reisen, sie mußte den Vielen eine Zeitlang entrückt werden, an denen sie so in aller Unschuld schuldig geworden war. Ich sah sie nicht wieder. Bei einer Bergbesteigung in den Alpen wurde sie mit ihrem Vater von einer Lawine verschüttet. – Und so blieb mir ihr Bild in der ganzen Süße des Jugendschmelzes in der Erinnerung, und wenn ich ihrer denke, steigen mir immer wieder Tränen einer traurigen Rührung in die Augen. Und doch war sie glücklich zu nennen, sie, die wie eine feine Harfe nur für die Akkorde reinster seelischer Harmonien den tönenden Widerhall zu geben hatte. Und dennoch diese Traurigkeit um sie? Es ist vielleicht das allzu Menschliche in uns, das diese Übermenschlichkeit einfach nicht erträgt. Oder vielleicht schlechthin nur der Erhaltungstrieb der Rasse, die unbewußt wirkende Ökonomie des Lebens, der es widerstrebt, eine vollkommene Blüte nicht zur Frucht gelangen zu sehen.
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